Endlich kann ich wieder nach vorne blicken. Endlich aus dem Loch, dass ich mir in der letzten Zeit selbst gegraben hatte, wieder herauskommen und mit neuer Lebensfreude den Tag beginnen!
Aber nun mal von vorne:
Im September habe ich mit meinem FSJ begonnen. In einem Heim für Schwerstbehinderte sollte ich arbeiten und freute mich auch auf viel neue Erfahrungen und Eindrücke. Das es schwer werden würde war mir nicht unklar, doch wie schnell ich doch an meine Grenzen kommen würde hätte ich nicht vermutet.
Im ersten Monat war auch noch alles ganz angenehm. Eben etwas Neues und deshalb natürlich auch Aufregendes. Doch mehr und mehr wurde es zur Gewohnheit dort jeden Tag auf der Matte zu stehen und den gleichen Tagesablauf zu durchleben. Mein Ziel war es, den Bewohnern viel Aufmerksamkeit zu schenken und für sie da zu sein, doch holte mich die Realität viel zu schnell ein:
Die meiste Zeit ist Putzen angesagt oder Pflege und das dauert alles seine Zeit, da die Meisten fast nichts alleine können. Und wenn man dann mal Zeit findet, dann ist es verdammt schwer mit ihnen umzugehen: sprechen kann fast keiner und wenn dann nur unkontrollierte Phrasen und reagieren tun die Wenigsten. Nun ist man zwar am Anfang noch ideenreich und redet mit ihnen, auch wenn es eben mehr Monologe sind, doch schwindet die Motivation mit der Zeit und irgendwann hat man einfach keinen Bock mehr.
Und es deprimiert, und zwar gewaltig!!
Diese Kraft jeden weiteren Tag wieder aufzubringen ist nicht nur ein physischer, sondern auch ein psychischer Kampf. Mit anzusehen, wie die Bewohner sich überhaupt nicht weiterentwickeln, zu sehen, wie sie wenig gefordert werden und zu wissen, dass man nicht viel daran ändern kann. Vielleicht, wenn ich mehr Kraft hätte, doch die schwand in den letzten Wochen zusehends.
Nun ist es eben auch so, dass man oftmals 8-10 Tage hintereinander arbeiten muss und dann vier Tage frei hat. Das hieß eben auch, Partys: ?Ohne mich!?, Treffen bei Freunden: ?Ohne mich!?
Und wenn ich dann endlich frei hatte war ich meist so fertig, dass ich erst erholt war, wenn ich schon wieder zum Dienst erscheinen sollte. Außerdem hätte ich eh keine Lust gehabt, irgendwas zu machen. Meistens war ich eher mit mir beschäftigt, hatte aber auch nicht den Mut, mal rauszulassen, was mich bedrückt. Meine Mitbewohner waren inzwischen reichlich genervt von mir - ich auch.
Doch war ich wie gefangen in diesem Loch und flüchtete mich Nacht für Nacht in meine Träume, die zu diesem Zeitpunkt der einzige Ort waren, wo ich mich wirklich wohlfühlte. Dementsprechend traurig und wütend war ich auch jeden Morgen, wenn mich mein Wecker aus meinen Träumen riss. Und wenn man so den Tag beginnt und auf Arbeit sich nichts anmerken lassen will, kann sich wahrscheinlich jeder vorstellen wie genervt meine Freunde inzwischen waren.
Und irgendwann ging es natürlich nicht mehr. Kurz vor einem sonntäglichen Dienst machte mein Körper schlapp. Ich musste mir nun also doch mal ernsthaft Gedanken machen, wie das alles weitergehen sollte. Jedoch hoffte ich, dass es reichen würde eine Woche mal zu Hause zu bleiben und ging davon aus, dass ich dann genug Kraft gesammelt hatte, um weiterzumachen.
Doch in der Arbeit angekommen flossen die Tränen wieder und sobald ich glaubte mich beruhigt zu haben fing alles wieder von vorne an. Verstanden habe ich diesen krassen Ausbruch zu dem Zeitpunkt nicht, aber wusste, dass ich etwas ändern musste! Ich unterhielt mich mit einigen Mitarbeitern, mit Freunden und meiner Familie darüber. Das mich das alles restlos überforderte wurde mir zwar klar, aber zu handeln war mir dann doch etwas zu konkret.
Mein selbst gestelltes Ultimatum, mich zu entscheiden, läuft bald (18.11.) ab, doch habe ich keine Ahnung was ich nun tun soll, denn die Bewohner habe ich dennoch sehr gerne und es würde nicht besser werden, wenn ich jetzt gehe. Ich bin hin- und hergerissen, auch wenn mir viele(um genau zu sein fast alle) zureden, nicht weiter zu machen.
Doch zunächst bin ich froh, dass es mir langsam wieder besser geht. Die letzte Woche war ich wieder krank und habe endlich mal die Zeit für all das genutzt was mir gut tut. Ich mache wieder mehr mit Freunden und geh abends feiern. Aber vor allem verfluche ich nicht mehr mein Leben, sondern freu mich auf jeden neuen Tag... zumindest auf fast jeden
links sehen wir Conny